Sprache und Schriften

Obwohl der Großteil der Schriftrollen vom Toten Meer auf Hebräisch verfasst wurde, umfasst die Sammlung auch viele aramäische, griechische, einige arabische und eine kleine Anzahl lateinischer Fragmente.

Hebräisch

Die auf Hebräisch verfassten Schriftrollen beinhalten sowohl biblische Texte als auch nicht-biblische Werke und Dokumente wie beispielsweise Urkunden und Briefe. Während einige Dokumente mit einem genauen Datum versehen sind, wurden die meisten von ihnen auf der Grundlage einer paläographischen Analyse (Untersuchung zur Schriftentwicklung im Verlauf der Zeit) datiert; gelegentlich wurde die C14-Methode verwendet. Die Texte veranschaulichen die Lebendigkeit der hebräischen Sprache im antiken Judäa.

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11Q paleoLeviticusa althebräische Schrift

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11Q Sefer ha-Milhamah, hebräische Quadratschrift
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Oben: 11Q1 11Q paleoLeviticusa althebräische Schrift
Unten: 11Q14 11Q Sefer ha-Milhamah, hebräische Quadratschrift
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Die meisten der hebräischen Schriftrollen sind in der gebräuchlichen („jüdischen“) Quadratschrift verfasst, die der modernen neuhebräischen Schrift sehr ähnlich ist, während andere in althebräischer Schrift aus der Zeit des Ersten Tempels geschrieben wurden. Es ist bemerkenswert, dass einige der in Quadratschrift geschriebenen Schriftrollen für den Gottesnamen die althebräische Schrift gebrauchen. Darüber hinaus verwenden einige Schriftrollen eine Geheimschrift (sog. Cryptic A, B und C), die hebräische Buchstaben durch kryptische Zeichen ersetzt.

Forscher sprechen häufig vom „Qumran-Hebräisch” als einem geschriebenen Dialekt des Hebräischen. Einige Rollen aus den Höhlen von Qumran verfügen über gewisse ausgeprägte Merkmale, wie z.B. die Plene-Schreibweise (wenn die Buchstaben א, ה, ו,י verwendet werden, um Vokale anzudeuten ), welche die Forscher als „Qumran-Schreiberpraxis“ bezeichnet haben. Dagegen sind die Textzeugen aus den Fluchthöhlen in der Judäischen Wüste in einem weniger standardisierten Hebräisch verfasst.

Bei einigen bruchstückhaften Handschriften aus den Fluchthöhlen lässt sich nicht feststellen, ob die Sprache des Textes Hebräisch oder Aramäisch ist. Einige Werke aus Qumran, wie die Bücher Henoch oder Tobit, sind sowohl auf Hebräisch als auch auf Aramäisch erhalten.

Aramäisch
(einschließlich Nabatäisch)

Aramäisch war in der biblischen Periode die „Lingua franca” im Nahen Osten; sie wird bis heute von einigen christlichen Gemeinden verwendet. Genau wie die hebräischen Schriftrollen, wurden die meisten aramäischen Handschriften in der gebräuchlichen Quadratschrift verfasst. In den Schriftrollen vom Toten Meer ist auch eine Vielzahl von aramäischen Dialekten vertreten: offizielles („Reichs“-) Aramäisch, jüdisch-palästinisches Aramäisch, die nabatäische Sprache und christlich-palästinisches Aramäisch.

Offizielles Aramäisch – auch als „Standard-“ oder „Reichsaramäisch“ bekannt. Diese Sprache wurde vom 7. bis zum 3. Jahrhundert v.d.Z. verwendet. Beispiele hierfür sind Teile der biblischen Bücher Daniel und Esra sowie die samaritanischen Wadi-ed-Daliyeh-Papyri.

JJüdisch-palästinisches Aramäisch – in Gebrauch von 200 v.d.Z. bis 200 n.d.Z. Das jüdisch-palästinische Aramäisch war vermutlich die vorherrschende Landessprache in Judäa zur Zeit Jesu und der frühen Christen. In den Qumran-Rollen sind die literarischen Subdialekte dieser Sprache durch mehrere Bibelübersetzungen und eine Anzahl nicht-biblischer Werke vertreten, 11Q10
11Q Targum Job, Aramaic

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insbesondere durch parabiblische Schriften wie das Genesis-Apokryphon oder das aramäische Levi-Dokument. Briefe von Bar Kochba und Papyrus-Urkunden aus dem 2. Jahrhundert n.d.Z., die aus den Höhlen in der Judäischen Wüste geborgen wurden, zeigen eine andere Variante des jüdisch-palästinischen Aramäisch, welche wahrscheinlich die gesprochene Sprache jener Zeit besser widerspiegelt.

Nabatäisches Aramäisch – im arabischen Königreich Nabatäa (Ost- und Südjudäa) seit Beginn des 3. Jahrhunderts v.d.Z. verwendet. Das nabatäische Aramäisch zeigt arabische Einflüsse, insbesondere beim Vokabular. Beispiele hierfür sind manche Dokumente aus Nachal Chever sowie der Saiyal-Sammlung.

Christlich-palästinisches Aramäisch – Beispiele hierfür sind mehrere Texte aus Chirbet Mird.

Griechisch

Alle griechischen Texte auf den Schriftrollen vom Toten Meer sind in Koine verfasst, dem weit verbreiteten Dialekt der nachklassischen, hellenistischen und römischen Welt, der Sprache des Neuen Testaments. Insgesamt sind 27 griechische Handschriften aus den Höhlen bei Qumran identifiziert worden, darunter die Bruchstücke von 19 Papyri aus der Qumran-Höhle 7. Hinzu kommen mehrere griechische Handschriften, die in Höhle 4 aufbewahrt wurden und aus vorwiegend biblischen Fragmenten zusammengesetzt sind. Der Großteil der Manuskripte aus Höhle 7 konnte bisher nicht identifiziert werden . Ausnahmen stellen hier die Abschrift des Buches Exodus und eine apokryphe Schrift, der Brief des Jeremia, dar. Die Versuche, einige griechische Fragmente aus Höhle 7 mit Passagen aus dem Buch Henoch zu identifizieren, sind umstritten. Alle Bemühungen, in den Fragmenten Texte des Neuen Testaments zu erkennen, sind fehlgeschlagen.

8Hev 1
8Hev Zwölf kleine Propheten, Griechisch

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Der Großteil der griechischen Handschriften aus anderen Fundorten in der Judäischen Wüste sind Papyrusdokumente aus der römischen Epoche. Die meisten wurden in den Fluchthöhlen aus der Zeit des Bar Kochba Aufstands (132-135 n.d.Z.) geborgen. Einige jüdisch-griechische Papyrus-Dokumente, die vor das Jahr 74 n.d.Z datiert werden, fand man in Masada. Unter den nicht-urkundlichen Texten wurde eine gut erhaltene Übersetzung der Zwölfprophetenrolle bei Nachal Chever gefunden, die ins 1. Jahrhundert n.d.Z. datiert wird. Ein anderer ungewöhnlicher Fund ist ein Text in jambischen Trimetern aus dem Wadi Murabbaat.

Latein

Die lateinischen Papyri, die in Masada entdeckt wurden, gehörten den römischen Soldaten, die nach dem Niederschlagen des jüdischen Aufstands in den 70er Jahren n.d.Z. dort stationiert waren. Diese Papyri umfassen: die Gehaltsabrechnung eines Soldaten, eine Liste über die Krankenhausausstattung und ein Bruchstück von Vergils Aeneis. Hier wurde auch eine zweisprachige Liste von lateinischen und griechischen jüdischen Namen entdeckt. Außerdem wurden im Wadi Murabbaat einige lateinische Textfragmente aus dem 1. und 2. Jahrhundert n.d.Z. gefunden.

Mas 721 papVirgil, Latin
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Arabisch

Über hundert arabische Manuskripte, größtenteils aus dem 7. und 8. Jahrhundert n.d.Z., wurden in Chirbet Mird entdeckt. Dieser Fund enthält die größte Sammlung arabischer Papyri, die außerhalb Ägyptens gefunden wurde. Außerdem fand man im Wadi Murabbaat fünf arabische Texte auf Papier: eine Quittung, einen Vertrag und drei magische Texte, die in das 10. Jahrhundert n.d.Z. datiert werden.